Weder Gestänge noch Mechanik: Das Auto der Zukunft lenkt rein elektrisch. Steer-by-Wire-heißt die Technologie, die die mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und Vorderachse ersetzt und Fahrbefehle vollständig über elektrische Signale an das Lenksystem überträgt. Und ZF bringt sie als erster Zulieferer zur Marktreife. „Die Lenkung ist die Königsdisziplin“, sagt ZF-CEO Wolf-Henning Scheider bei der Vorstellung des Systems auf dem firmeneigenen Testcenter im niedersächsischen Jeversen.
Dabei ist die neue Technologie, die ZF zur Demonstration in einen VW ID 3 eingebaut hat, so unspektakulär wie unscheinbar. Frei nach dem Motto: Wie Sie spüren, spüren Sie nichts, reagiert die by-Wire-Lenkung ebenso präzise und feinfühlig wie ein herkömmliches Lenksystem. Und genau darin besteht die Kunst. Egal, ob auf glattem oder riffeligem Belag, ob im scharf gefahrenen Kurvenslalom oder weit ausholenden Rundkurs mit konstantem Lenkradeinschlag. Das Feedback ist unmittelbar, direkt und natürlich.
Darüber hinaus lassen sich Lenkung und Lenkverhalten marken- und kundentypisch anpassen, Anzahl und Winkel des Lenkeinschlags beliebig reduzieren und damit leichter rangieren und einparken. Auch die Crashsicherheit wird durch den Wegfall der Lenksäule erhöht. Und für das automatisierte Fahren der Zukunft, bei dem das Lenkrad versenkt und wesentliche Fahrfunktionen vom Bordcomputer übernommen werden, ist das System ohnehin ein Muss. Gegen einen Ausfall ist das System redundant mit einem zweiten Elektromotor und Stromkreislauf abgesichert. Und die Software für die by-Wire-Aktuatoren kann jederzeit drahtlos („over the air“) aktualisiert werden.
„In einem wettbewerbsintensiven Umfeld hält ZF damit einen Spitzenplatz, denn wir bieten erstmals eine ganzheitliche By-Wire-Fahrzeugsteuerung“, sagt der ZF-Chef Wolf-Henning Scheider mit Blick auf die anderen großen deutschen Zulieferer Bosch, Continental oder Schäffler, die alle in Kooperation oder mit externen Partnern an derselben Technologie arbeiten. Erst für 2025 hat Bosch ein serienreifes System angekündigt. Das Hi-Tech-Unternehmen aus Friedrichshafen am Bodensee scheint hier also die Nase vorn zu haben und vermeldet auch schon mehrere größere Volumenaufträge von internationalen Fahrzeugherstellern.
Bereits im Laufe des nächsten Jahres soll ein „großer, global agierender Automobilhersteller“ die Technologie „im industriellen Maßstab“ einsetzen. Wer das sein wird, verrät Scheider nicht, weil der Zulieferer für die Verkündung der technischen Neuheit die Bühne immer dem entsprechenden Autobauer überlässt. Nur soviel: Er kommt nicht aus Europa. Also darf man einen chinesischen oder US-Autobauer mutmaßen. Doch ist es nur eine Frage der (kurzen) Zeit, bis sich auch die erste deutsche Automarke mit der Zukunftstechnik rühmen wird.
Mit dem jetzt vorgestellten System komplettiert das schwäbische Unternehmen nach der aktiven Hinterachslenkung (AKC), Brake-by-Wire und aktivem Dämpfungssystem sMotion-by-Wire sein branchenweit umfassendstes Angebot an By-Wire-Technologien. „By-Wire-Systeme von ZF beenden das Zeitalter der mechanischen Verbindungen und ermöglichen eine neue Ära der Fahrzeugsteuerung“, so Wolf-Henning Scheider. „Wir gehen weg von den Zahnrädern, hin zu den Halbleitern und dem software-definierten Fahrzeug.“ (aum/Frank Wald)
Wir respektieren den Datenschutz! Eine Abmeldung vom Newsletter ist jederzeit möglich.
An welche Email-Adresse sollen wir die Motor Freizeit Trends News senden?
Hinterlasse jetzt einen Kommentar