24. Ötztal-Classic vom 4. bis 6. August 2022

Zu Ehren der Unsterblichen

Schaut man sich die Gesichter der Piloten und Co-Piloten an, die auf der erhöhten Startrampe stehenden Teilnehmer der Ötztal-Classic an, so glaubt man in meditierende Gesichter zu blicken, regungslos konzentriert, mit starrem G`schau auf die etwa 10 Meter vor ihnen stehende offizielle Stoppuhr.

Das Blut in den Adern pulsiert im Sekundentakt. Rund 10 Sekunden vor dem Start, der auf die Einhundertstel Sekunde genau erfolgen soll, um möglichst wenig Strafpunkte schon am Start zu kassieren, geht durch Fahrzeug und Insassen ein harter Ruck: die Vorgelege-Welle im nicht synchronisierten Getriebe greift fest nach dem ersten Gang, die meist grauen Wellen der Fahrerhaare verweigern hingegen den Vorwärtsdrang, fallen eher nach hinten, kommen mit dem sprunghaften Zusammenschluss der Getriebewellen nicht mehr mit.
Die Startrampe ist schmal. Mit großzügig ausgestatteten Lenkradspiel steuert man mit Fingerspitzengefühl die Rampe hinunter, ehe ein Tritt mit dem rechten Fuß die wahre Leistung entfaltet. Zugegeben, manchmal ist dann der Starter in diesem Moment in blauen, leicht gräulichen, fein nach Öl duftenden Rauch gehüllt.
Bei dem dreitägigem Unterwegssein, vom 4. bis 6. August, sind rund 420 Kilometer und 10.500 Höhenmeter bergauf zu bewältigen, Lenkradspiel hin oder her. Passstraßen wie die höchste Bergstraße in Mitteleuropa, die Ötztaler Gletscherstraße führt die historischen Fahrzeuge bis hinauf auf 2.832m. Darauf folgend wird das 2.509m hohe Timmelsjoch in Angriff genommen. In der Silvretta steht die Bieler Höhe 2.071m an und auf dem Retourweg von Vorarlberg nach Tirol fordert die Abfahrt vom 1.793 m hohen Arlbergpass die Trommelbremsen auf allen vier Rädern heraus. Selbst in diesen technisch hochgezüchteten Tagen hat die Trommelbremse noch immer nicht ausgedient, genauso wenig wie der Scheibenwischer, welcher auch ein Uraltautorelikt ist. Oft wird`s auch dem Beifahrer während der Talfahrt recht warm unter den Sohlen.
Mitbremsen ist angesagt. Sicherheitshalber ist gleich unten eine Abkühlungs-Rast eingeplant. Die meist sehr niedrigen Windschutzscheiben verdienen den Titel eher nicht, helfen dafür den Kopf kühl zu bewahren. Unten angekommen kann man dem Trommelfell, tief in den Ohren, jetzt den Druck nehmen, in dem man den Mund immer wieder, dem Gähnen ähnlich, weit aufreißt, oder es dem immer kaugummikauende Real Madrid Startrainer Carlo Ancelotti gleichtut. Der Rest der Strecke bis ins Ziel nach Oetz ist eine reine Spazierfahrt. Spätestens bei der Siegerehrung, die durch den veranstaltenden Oldtimer Club Ötztal unterhaltsam inszeniert wird, sollten die Ohren wieder voll funktionsfähig sein. Im Classic-Dinner-Zelt wird man mit Applaus und immerwährenden, unsterbliche Ehren empfangen und zum Classic-Helden gekührt, wenn man es aufs Podest schafft. Dann sollten alle Wellen wieder im Einklang sein. Die Meditation findet einen gefälligen Höhepunkt.
Information: www.oetztal-clssic.at

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