AK Wohnumfrage: Alarmierende Wohnkostenbelastung weiter angestiegen

Auch Befristungen ein Problem – Unsicherheiten beeinflussen Lebensplanung negativ

Fast 3.000 Vorarlberger:innen haben im Mai 2024 an der Online-Umfrage der AK Vorarlberg zum Thema Wohnen teilgenommen und ihre persönliche Situation geschildert. Ganze 83 Prozent fühlen sich von ihren Wohnkosten belastet oder gar stark belastet. 36 Prozent würden gern in eine gemeinnützige Wohnung umziehen, aber nur wenige erfüllen die Anforderungen. Die Ergebnisse sind zunehmend besorgniserregend und zeigen, wie dringend gemeinnützige Wohnungen in Vorarlberg fehlen.

Die Vorarlberger:innen müssen einen immer größeren Anteil ihres Haushaltseinkommens für Wohnkosten aufwenden. Laut der aktuellen Wohnumfrage der AK Vorarlberg unter 3.000 Personen mit Hauptwohnsitz in Vorarlberg ist dieser Anteil von 28 Prozent in 2018 auf 33 Prozent in 2024 gestiegen. Ein Drittel des Einkommens geht also fürs Wohnen drauf – und das ist nur der Durchschnitt, einige zahlen einen noch größeren Anteil.
Im Durchschnitt zahlen die Befragten nach eigener Auskunft 1.140 Euro im Monat. Vor einem Jahr waren es noch 1.050 Euro, also ganze 9 Prozent weniger. Zwei Drittel sagten, dass ihre Wohnkosten zu hoch und ungerechtfertigt seien. 43 Prozent fühlen sich dadurch belastet, 40 Prozent sogar stark belastet. „Vier von fünf Umfrageteilnehmer:innen ächzen unter den hohen Wohnkosten“, stellt AK Präsident Bernhard Heinzle fest. „Das kann so nicht bleiben.“

Von wegen „schaffa, schaffa, Hüsle baue“
48 Prozent der Umfrageteilnehmer:innen wohnen in privater Miete, 11 Prozent in Miete im gemeinnützigen Wohnbau. Nur 39 Prozent wohnen im Eigentum. „Vom Land der ,Hüslebauer‘ kann da kaum mehr die Rede sein”, unterstreicht der AK Präsident.
Das wird sich wohl so schnell auch nicht ändern: Nach Berechnungen der AK Vorarlberg auf Grundlage von Daten der Statistik Austria können sich nur 10 bis 15 Prozent der bestverdienenden Haushalte in Vorarlberg überhaupt noch Wohneigentum leisten – und auch nur, wenn sie ab Arbeitsantritt eisern sparen und sich bis zur Pension verschulden. Reichte 2010 noch ein Kredit in Höhe des sechsfachen Jahreseinkommens für ein Eigenheim, so müssen Käufer:innen heute bereits einen Kredit in Höhe des zehn- bis zwölffachen Jahreseinkommens aufnehmen – also gut doppelt so viel, ist den Analysen der Nationalbank zu entnehmen.
Befristungen machen Vorarlberger:innen große Sorgen
Ein bedeutender Punkt sind auch die Befristungen der Mietverträge. 80 Prozent der Befragten gaben an, dass ihr Mietvertrag befristet ist, in zwei Dritteln der Fälle auf nur drei Jahre. Solche kurzen Befristungen sind für viele ein finanzielles Problem. Einerseits, weil die Miete mit jeder Verlängerung über die Inflation angehoben werden kann. Andererseits, weil oft mit jeder Verlängerung eine Bearbeitungsgebühr fällig wird. Die beinhaltet immer häufiger Rechtsanwaltshonorare für die Errichtung des Mietvertrags und beträgt so oft eine ganze Monatsmiete oder gar mehr.
Bemerkenswert ist das vor allem im Hinblick auf das gesetzlich verankerte Erstauftraggeberprinzip, auch „Bestellerprinzip“ genannt. Denn seit dessen Einführung darf die Maklerprovision in den allermeisten Fällen nicht mehr von der Mieterseite verlangt werden – und seitdem steigen offenbar die Kosten für die Vertragserrichtung, wie die Anfragen in der Konsumentenberatung der AK Vorarlberg zeigen. Allerdings trauen sich Mieter:innen oft nicht, zu protestieren, aus Angst, dass der:die Vermieter:in den Vertrag nicht verlängert. Schließlich ist es vielfach auch zulässig, die hohen Vertragserrichtungskosten auf die Mieterseite überzuwälzen, weil die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes für die meisten Mietwohnungen in Vorarlberg nicht voll zur Anwendung gelangen.
In ihren Kommentaren erklärten Umfrageteilnehmer:innen zudem, dass sich die Befristungen negativ auf ihre Lebensplanung auswirken. Geäußert wurde etwa Angst vor der nächsten unvorhergesehenen Mieterhöhung sowie Angst davor, umziehen zu müssen. Das würde auch bedeuten, die Kinder und die Familie aus dem Lebensumfeld reißen zu müssen und nicht zu wissen, in welcher Gegend man neu anfangen muss. Umzüge werden nicht nur als finanziell, sondern auch als körperlich und seelisch belastend empfunden.

Wunsch nach gemeinnützigen Wohnungen
Mehr als jede:r dritte Umfrageteilnehmer:in gab an, gern in eine gemeinnützige Wohnung ziehen zu wollen. Das zeigt, dass das Interesse an dieser Wohnform weit in die Mittelschicht reicht. Doch Vorarlberg bildet österreichweit seit Jahren das Schlusslicht beim Anteil der gemeinnützigen Bauvereinigungen am Wohnungsneubau. „In keinem anderen Bundesland wohnen weniger Haushalte in gemeinnützigen Wohnanlagen als in Vorarlberg“, erklärt AK Präsident Bernhard Heinzle. „Und eine Verbesserung ist wohl nicht in Sicht: Der Anteil der gemeinnützigen Mietwohnungen an den Hauptwohnsitzen in Vorarlberg ist von 12 Prozent im Jahr 2020 auf 10 Prozent in den Jahren 2022 und 2023 gesunken.“
Wir brauchen in Vorarlberg endlich mehr leistbare Wohnungen“, fordert AK Präsident Heinzle. „Dafür braucht es endlich eine Inflationsbremse bei den Mieten, ein Ende der Befristungsmöglichkeiten für gewerbliche Vermieter:innen, eine Mietrechtsreform und eine Neugestaltung der Wohnbauförderung.“

„Wohnen mit Zukunft“ zeigt gelungene Beispiele für gemeinnützigen Wohnbau
Gemeinnütziger Wohnbau wird in Vorarlberg oft noch zu negativ gesehen. Dabei gibt es bereits viele erfolgreiche Projekte. Einige davon zeigt die Wanderausstellung „Wohnen mit Zukunft“, die ab 1. Juli im Foyer der AK Vorarlberg zu sehen ist.

Kommentare der Umfrageteilnehmer:innen
„Unser Einkommen reicht gut aus, weil wir noch in einer kleinen Wohnung wohnen. Wir suchen aber schon länger nach einer bezahlbaren Vier-Zimmer-Wohnung. Ich erwarte mir, dass wenn beide arbeiten, man eine einigermaßen schöne Wohnung hat. Nur ist das nicht mehr finanzierbar. In unserem Wohnblock muss man für eine Vier-Zimmer-Wohnung 1.800 Euro rechnen. Mit Kinderbetreuung um 700 Euro sind wir nur bei diesen beiden Posten bei über einem Gehalt. Wenn das so weitergeht, werden wir nicht in Vorarlberg bleiben.“
„Ich bin bis zur Teuerung als Alleinerziehende ganz in Ordnung durchgekommen – aber aktuell ist es schwierig. Energiekosten sind ungerechtfertigterweise zu stark gestiegen. Mein Kredit anfangs auch (wurde von mir umgewandelt in einen Fixkredit, damit nicht noch weitere Überraschungen kommen), auch die Gemeinde hat ihre Beiträge erhöht. Ich werde irgendwie durchkommen, aber es wäre an der Zeit, die Leute nicht noch stärker zu belasten.“
„Wir sind auf Haus-/Wohnungssuche. Leider sind die Mieten so gestiegen, dass man es sich nicht mehr leisten kann. Alte sanierte Häuser kosten schon fast 200.000€ und dann noch die Kaution. Soviel verdient man auch nicht, da muss sich etwas ändern auf dem Wohnungsmarkt.“
„Da es sich finanziell momentan nur gerade so ausgeht, rückt der Wunsch für ein zweites Kind immer mehr in die Ferne, da dann einfach wieder ein Zahltag fehlt und die Kosten nicht mehr gedeckt werden können.“
„Es ist ein zweites Kind auf dem Weg und leider lässt sich keine leistbare Vier-Zimmer-Wohnung finden. Gemeinnützige Wohnungen sind angefragt, allerdings bisher ohne weitere Information. Unsere Wohnung ist zu klein für eine Zehnährige, zwei Erwachsene und ein Baby.“
„Bin seit einem Jahr geschieden und seitdem alleinstehend mit zwei Teenagern, habe keinen Kontakt und keine Unterstützung vom Vater.  Ich muss jeden Cent umdrehen…“
„Ich arbeite neben meinem Vollzeitjob zusätzlich auf geringfügiger Basis. Sonst würde es nicht gehen.“
„Mein Einkommen scheint groß zu sein (4.000 Euro), aber davon sind ca. 1.500 Euro Miete, ohne Internet, Strom, Autokosten, Telefon, ohne Kita (200€). Dann sind da noch die Lebensmittelpreise, die ins Unendliche gestiegen sind. Vor einem Jahr brauchten wir ca 600 Euro pro Monat jetzt sind es 900 Euro, wenn man das gleiche Kaufverhalten beibehält. Ich kann nur hoffen, dass unser Kind bald aus den Windeln ist, damit wieder 100 Euro mehr ins Budget kommen.“
„Es ist so wichtig, dass die Wohnkosten wieder sinken. Ich bin alleinerziehend in einer Vollzeitausbildung zur Krankenschwester. Habe zwei Kinder, 12 und 15 Jahre. Jeden Monat bin ich 1.000 Euro im Minus. Es ist einfach furchtbar, wenn es sich monatlich nicht ausgeht.“

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