Elektrisches Agrar-Sprühfahrzeug aus Überlingen am Bodensee

Strom für den Rengo liefert das Scheunendach

Neues elektrisch angetriebenes Agrar-Sprühfahrzeug aus Überlingen am Bodensee arbeitet mit einer Batterieladung bis zu zweieinhalb Stunden lang.

Rein elektrisch fahrende Traktoren oder Agrar-Sprühfahrzeuge könnten für Landwirte besonders interessant werden. Denn auf vielen Bauernhöfen wird der eigene Strom mit Solarzellen auf dem Scheunendach oder über den Umweg einer Biogasanlage erzeugt und direkt verbraucht oder ins Netz eingespeist. Ein mit hofeigenem Strom betriebenes Sprühfahrzeug, das vor allem auf Feldern und Äckern der konventionellen und der biologisch dynamischen Landwirtschaft eingesetzt wird, hat die HMF-Mobility GmbH in Überlingen am Bodensee für den dortigen Rengoldshauser Hof entwickelt. Jetzt soll der bisher einmalige „Rengo-Panda“, wie HMF-Mobility-Chef und Konstrukteur Eric Hueber das Agrarfahrzeug nennt, in Serie gehen und für die E-Revolution auf dem Acker sorgen.
Wären da nicht die spinnenähnlichen Beine des höher gelegten Fahrwerks und der silbern glänzende Rucksack des übers Feld fahrenden Rengo, könnte dieser durchaus auch als unschuldig-weißer Kleinwagen durchgehen, von dem aus der Landwirt vor Witterung geschützt gerade seine Pflanzen begutachtet. Doch spätestens wenn der Konstrukteur und Inhaber der Hueber Maschinen- und Fahrzeugbau GmbH, Eric Hueber, das, wie die Antriebsmotoren ebenfalls aus den Batterien im Kofferraum gespeiste Elektrogebläse des Sprühgerätes einschaltet und so biologisch-dynamische Präparate fein und nahezu lautlos auf den Böden zerstäubt, wird das eigentliche Einsatzgebiet des Rengo deutlich. „Dass ein Bio- oder Demeter-Betrieb wie der Rengoldshauser Hof einen Elektrotraktor einsetzt, gehört heute wohl zum guten Ton“, sagt Hueber. Doch richtige Elektro-Traktoren in unterschiedlichen Größen, die mit einer Batterieladungen bereits fünf Stunden und länger arbeiten, gibt es derzeit gerade eine Handvoll auf dem deutschen Markt. Um Gewicht zu sparen und damit den Druck des Fahrzeugs auf die Ackerböden möglichst gering zu halten, wollte Hueber keinen reinen E-Traktor bauen oder einen konventionell angetriebenen Schlepper umrüsten. Viel wichtiger sind ihm der ergonomische und beim Sprühen geschützte Arbeitsplatz des Landwirts, die Umweltfreundlichkeit und trockene Unterbringung der Speicherzellen sowie deren intelligente Steuerung, um im Einsatz möglichst wenig Energie zu verbrauchen. Erfahrungen gesammelt hat das Unternehmen in Schwäbisch Gmünd mit dem Umbau eines ehemaligen Gartenschau-Bähnchens mit Bleibatterien und Elektroantrieb hin zu einer dank Li-Akkus und Solarzellen nahezu autark fahrenden Elektro-Stadtbahn oder mit dem Antriebsstrang des mit Batterien und Sonnenkollektoren gespeisten und ebenfalls nahezu keine Ladestationen benötigenden 6-Personen-Bootes SPW 7.0 E-Solar der Speedwave-Werft in Kressbronn-Gohren am Bodensee.
Aus Gründen der Ressourcenschonung, aber auch, um den Preis niedrig zu halten, hat Eric Hueber für den Rengo ebenfalls zu einer herkömmlichen Kleinwagenkarosserie aus der Großserie gegriffen. Verwendet werden kann deswegen auc h jeder andere Kleinwagen, dessen Motor und Getriebe kaputt oder das Fahrwerk beschädigt sind. An dem Platz, an dem sich normalerweise die Rückbank und der Kofferraum befinden, sind jetzt die Batterien in einer sicheren Aluminiumbox verbaut. Zum Einsatz kommen Lithiumzellen aus dem Fahrzeugbau. Statt der marktüblichen Lithium-Kobalt-Batterien verwendet Hueber Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien (LiFePO4) mit einer Kapazität von rund 10 kWh. Die LiFePO4 haben einen sehr geringen Anteil an Lithium, enthalten kein Kobalt. Dank ihrer Konzeption und der Zellchemie können die Zellen im Notfall nicht brennen, sind wartungsfrei und fast komplett wieder verwertbar. Vor allem aber enthalten sie im Gegensatz zu Bleibatterien keine umweltgefährdenden Stoffe, sagt der Hersteller. Verbaut ist auch ein Rekuperationssystem: Jeder Bremsvorgang gewinnt Energie zurück, da der Motor dann zum Stromgenerator wird.
Dieses Paket sorgt für gut zweieinhalb Betriebsstunden ohne dass der Rengo an den herkömmlichen 230 V-Stecker muss, um die Akkus in 4 bis 5 Stunden komplett aufzuladen. Fürs Gebläse des handelsüblichen und am Heck montierten Sprühgerätes ist ein 5 kWh-Motor verbaut. Angetrieben wird der „Rengo“ von zwei an den Vorderrädern verbauten Radnaben-Antrieben mit jeweils 3,5 kW Leistung. Genug Kraft, um für bis zu 15 Stundenkilometer Arbeitsgeschwindigkeit zu sorgen. Als Fahrwerk hat sich Ingenieur Hueber für einen Portalbau entschieden. Mit der Spurbreite von 1.800 Millimetern und einer Bodenfreiheit von 500 Millimetern kann man mit dem „Rengo“ bequem die herkömmlichen Pflegegassen auf den Feldern befahren und den Boden mit den nötigen Mitteln bestäuben oder gar wässern.

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