Ferruccio Lamborghini gründete sein Unternehmen 1963 mit dem Ziel, den perfekten Sportwagen zu erschaffen. Er war sich sicher, dass er dafür einen V12 brauchte: obwohl ein V12-Saugmotor hinsichtlich der Technologie und seiner Maße herausfordernd ist, war Lamborghini felsenfest von seiner Bedeutung für die Positionierung seiner Top-Modelle überzeugt. Es entstand der erste V12 von Lamborghini, mit seinem unnachahmlichen und emotionalen Zwölfzylinder-Sound, sowie einer Beschleunigung und Performance, die seitdem ein wahres Aushängeschild und Identifizierungsmerkmal von Lamborghini sind.
Der im selben Jahr vorgestellte Lamborghini 350 GT war mit einem inhouse unter der Leitung von Giotto Bizzarrini entwickelten 3,5-l-V12-Motor mit 60°-Bankwinkel, zwei obenliegenden Nockenwellen und einer Leistung von 320 PS ausgestattet. Der Legende nach bot Lamborghini Bizzarrini einen Zuschlag pro zusätzlicher Pferdestärke, die er aus dem Motor herauskitzeln konnte. Die breite Fahrzeugfront beherbergte das Antriebsaggregat mit dem für damals typischen mechanischen Aufbau und nach dem Prinzip, dass „die Ochsen den Wagen ziehen“.
Damals wie heute zählen die Beschleunigung und das Gefühl, in den Sitz gedrückt zu werden, zu den berauschendsten Empfindungen in einem Supersportwagen. Der V12-Saugmotor war und ist der Inbegriff von linearer Leistung und Geschwindigkeit, der für Sportlichkeit, direktes Ansprechverhalten und einen vibrationsfreien Antrieb steht.
Der erste Lamborghini V12 schuf die Basis für künftige Weiterentwicklungen und Verbesserungen des V12-Motors in nachfolgenden Modellen. Im 400 GT (1966) wurde der Hubraum des V12-Aggregats mit vergrößerter Bohrung und Hub auf 4,0 l aufgestockt, was sich in einer Leistung von 320 PS bei 6500 1/min und einer Steigerung der Höchstgeschwindigkeit von 250 auf 270 km/h niederschlug. Dieser neue 4,0-l-Motor diente als Grundlage für eine Reihe von bedeutenden Nachfolgemodellen, darunter der Espada 2+2 (1968) mit 350 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 260 km/h. Der Islero (1968) mit 330 PS entwickelte sich zum Jarama (1970) weiter, der anfangs mit 350 PS und später mit 15 PS mehr im Jarama S aufwartete – vielleicht das Lieblingsauto von Ferruccio Lamborghini, der sich wie die im Wandel befindliche Welt um ihn herum einen zwei-plus-zwei-sitzigen Sportwagen wünschte.
Dennoch stützt sich Leistung auf Wissenschaft und nicht auf Mut allein. Lamborghini erkannte, dass sich die Gewichtsverteilung mit zunehmender Verlagerung des Motors in die Fahrzeugmitte verbesserte. Der Miura (1966) brach sämtliche Regeln: Motor und Getriebe wurden bis zu den letzten Ausgaben des Miura SV in einem Guss geformt, das 4,0-l-V12-Antriebsaggregat im sogenannten P400 wurde quer in der Fahrzeugmitte hinten montiert. Das Design des Fahrzeugs trug diesem brandneuen Layout Rechnung und eine Legende war geboren. Das schnellste Serienfahrzeug zur damaligen Zeit mit 370 PS Leistung, einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 6,7 s und einer Höchstgeschwindigkeit von 285 km/h. Das Mittelmotor-Layout des Miura setzte zudem neue Maßstäbe für Lamborghini sowie andere Marken im Hochleistungssektor.
Ab diesem Zeitpunkt begannen 370 Lamborghini-Bullen den Wagen zu schieben, anstatt ihn zu ziehen. Dies bekräftigte die innovative Herangehensweise der Marke bei der Konstruktion ihrer Supersportwagen mit Saugmotor.
Vom ersten Prototyp an kam der Sound des V12 einer Symphonie gleich, wobei der Fahrer im Miura ganz nah am Orchester sitzt. Die 12 Zylinder müssen perfekt untereinander (ab)gestimmt sein: 12 herausragende Violinen unter der Leitung des fähigsten Dirigenten und das Ergebnis meisterhafter Forschung und Entwicklung sowie technischer Glanzleistungen. Das Crescendo – die mit jedem Hochschalten anschwellende Frequenz – steigert die sinnliche und körperliche Anziehungskraft des V12 ins Unermessliche.
Nach dem Erfolg der V12-Modelle der 60er- und frühen 70er-Jahre wurde der Motor im Countach (1974) erneut verlagert: wieder nach hinten, aber diesmal längs – darum auch sein Spitzname LP 400 („Longitudinale Posteriore“ mit 4,0 l Hubraum). Mit seinem gewagten Design mit Scherentüren und seiner ausgeprägten Liebe zum Detail schrieb der Countach ein neues Kapitel in der Designgeschichte der Lamborghini-Supersportwagen und war mit seiner Klangkulisse bei 300 km/h Höchstgeschwindigkeit noch näher am Fahrer dran.
Der LM002 (1986) hatte die Ehre, den Countach-Motor, diesmal mit 5,2 l Hubraum und 444 PS, als Herzstück des ersten SUV zu beherbergen. Das in Sachen Leistung und Drehmoment in der obersten Liga angesiedelte Fahrzeug hatte sowohl auf als auch abseits der Straße den Sound des V12-Orchesters mit im Gepäck.
Obwohl in Sachen Motoranordnung bereits alle Möglichkeiten ausgeschöpft und die besten Lösungen im Einsatz waren, arbeitete die Forschung unermüdlich an der kontinuierlichen Leistungssteigerung. Der Diablo (1990) mit seinem 5,7-l-V12-Aggregat mit 485 PS bestätigte die LP-Motorposition, war jedoch erstmals mit einem Allradantrieb ausgestattet und lieferte eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 4,5 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 320 km/h.
Als das neue Jahrhundert mit der Einführung eines neuen Vorzeigemodells 2001 anbrach und der Diablo an den Murciélago übergab, war der berüchtigte Lamborghini V12 immer noch der Motor der Wahl: anfangs mit 580 PS bei 6,2 l Hubraum und schließlich in der auf 6,5 l aufgestockten Super-Veloce-Version mit 330 km/h und 670 PS, wie am Namenszusatz LP 670-4 erkennbar.
Das letzte V12-Kapitel begann 2011 mit der Einführung des Aventador und seinem bemerkenswerten, brandneuen 6,5-l-V12-Aggregat. Mit 700 PS, einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in gerade einmal 2,9 Sekunden und einer Spitzengeschwindigkeit von 350 km/h präsentierte sich das Modell bis dato in nicht weniger als 4 Motorvarianten, darunter das SVJ-Aggregat mit 770 PS Leistung und 720 Nm Drehmoment bei 8500 1/min.
Der Lamborghini V12 ist ein Stück Ingenieurskunst, das nur jene Fahrer am Steuer duldet, die seine einmalige Leistung und seinen unverkennbaren Sound zu schätzen wissen.
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