ÖAMTC-Test zeigt: Notbremssystem bei Klein-Lkw verhindert Unfälle

40 Prozent der Unfälle mit Klein-Lkw sind Auffahrunfälle – serienmäßiger Einbau von Notbremssystemen bereits jetzt wichtig

Lkw der Klasse N1 (Klein-Lkw bis 3,5 t) waren 2018 in Österreich an 2.267 Verkehrsunfällen mit Personenschaden beteiligt (Quelle: Statistik Austria). Laut Analyse der ÖAMTC-Unfallforschung sind mehr als 40 Prozent der Unfälle mit Klein-Lkw und Transportern Auffahrunfälle. Auffällig bei den Hauptunfallursachen: „Unachtsamkeit/Ablenkung“ sowie „mangelhafter Sicherheitsabstand“ sind im Vergleich zu Pkw-Unfällen deutlich überrepräsentiert.

„Viele dieser Unfälle können mit Notbremssystemen verhindert oder die Unfallfolgen durch die geringere Aufprallgeschwindigkeit abgemildert werden“, weiß ÖAMTC-Verkehrstechniker David Nosé. Ein großes Problem bei Unfällen mit Transportern ist die hohe Fremdgefährdung: Bei Unfällen mit Transporter-Beteiligung waren mehr als zwei Drittel der verletzten oder getöteten Personen die jeweiligen Unfallgegner. Dementsprechend wichtig sind Verbesserungen der Sicherheit im Bereich von Lkw bis 3,5t vor allem auch für die Allgemeinheit.
Ab 2022 sind die automatischen Notbremsassistenten (AEBS – Autonomous Emergency Breaking System) für alle neu typisierten Lkw-Modelle der Klasse N1 verpflichtend. Ein Test des ÖAMTC zeigt, dass aktuelle Fahrzeuge, bei denen es diese Systeme überwiegend nur gegen Aufpreis gibt, diese Anforderungen bereits jetzt teilweise erfüllen. „Schwächen gibt es im vollbeladenen Zustand und bei der Erkennung von Fußgängern“, so Nosé. Dennoch wäre es laut Mobilitätsclub aufgrund des hohen Unfallvermeidungspotenzials wünschenswert, diese Systeme schon vor der gesetzlichen Verpflichtung serienmäßig anzubieten.

Notbremssystem – Schwächen bei voller Beladung und Fußgängererkennung
Um herauszufinden, inwieweit der Transporter die zukünftigen gesetzlichen Anforderungen in Bezug auf Notbremssysteme für vorausfahrende Fahrzeuge und kreuzende Fußgänger erfüllt, wurden drei Szenarien getestet: Bremsen auf ein stehendes Fahrzeug, Bremsen auf ein vorausfahrendes Fahrzeug (20 km/h) und Bremsen auf ein kreuzendes Kind. Die Tests wurden mit normalem (ca. 2.750 kg) und maximalem Beladungszustand (3.500 kg) bei 10 bis 60 km/h durchgeführt.
Mit dem normal beladenen Fahrzeug werden die beiden ab 2022 geforderten Szenarien erfüllt: Auffahren auf stehendes und auf fahrendes Fahrzeug. Bei voller Beladung wird nur das Szenario „Auffahren auf fahrendes Fahrzeug“ erfüllt. Demgegenüber kollidierte der maximal beladene Transporter schon ab 35 km/h mit dem stehenden Hindernis. „Viele Klein-Lkw werden zum Transport aber voll beladen genutzt. Daher müssen die AEB-Systeme unabhängig vom Beladungszustand funktionieren“, fordert der ÖAMTC-Verkehrstechniker.
„Das dritte, ab 2024 geforderte Szenario, ‚kreuzendes Kind‘, wird von heutigen Systemen noch gar nicht erfüllt: Sowohl normal wie auch maximal beladen konnte das Testfahrzeug nur bis zu 20 km/h eine Kollision mit dem Test-Dummy vermeiden“, stellt der ÖAMTC-Techniker fest. Bei höherem Tempo reduzierte das Notbremssystem die Ausgangsgeschwindigkeit zwar, ein Zusammenprall mit dem Fußgänger-Dummy wurde aber nicht verhindert. Bei Sichtverdeckungen, etwa parkenden Fahrzeugen, konnte der Dummy erst verspätet detektiert werden. Das Testfahrzeug kollidierte in der Folge ohne Temporeduktion mit dem Dummy.

ÖAMTC-Forderungen und Empfehlungen
Der ÖAMTC-Verkehrstechniker sieht nicht nur Hersteller, sondern auch Nutzer von Klein-Lkw – Fahrer und Firmen – in der Verantwortung. Für die Erhöhung der Verkehrssicherheit empfiehlt der Experte:
– Viele Unfälle mit Klein-Lkw erfolgen außerorts und auf Autobahnen. Hier müsste man die Kriterien adaptieren und die Funktionalität der AEB-Systeme auch im höheren Geschwindigkeitsbereich testen.
– Die geplanten gesetzlichen Vorgaben stellen nur Mindestanforderungen an die Systeme dar. Empfehlenswert wäre die Erfüllung aktueller Konsumentenschutzvorgaben.
– Bessere Serienausstattung im Bereich der passiven Sicherheit: Bei den meisten Klein-Lkw ist nur der Fahrerairbag serienmäßig, weitere Sicherheitsfeatures sind oft erst gegen Aufpreis erhältlich.
– Verbesserung der aktiven Sicherheit: Notbrems- und Spurhalteassistenten sollten bereits jetzt zur Serienausstattung gehören.
– Ladungssicherung: Richtig gesicherte Ladung ist besonders wichtig in Bezug auf das Bremsverhalten. Schwere Gegenstände gehören nach unten, die gesamte Ladung gut fixiert.
– Fahrsicherheitstrainings für Berufslenker.
– Mehr Bewusstseinsbildung in Bezug auf Ablenkung und Sicherheitsabstand – „Sicherheit vor Zeitdruck“.
– Mehr Überwachung des Sicherheitsabstands auf Autobahnen.

Weitere Informationen findet man online unter www.oeamtc.at/tests .

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